Bundeskunsthalle reagiert auf unsere Kritik!
Nachdem wir die Bundeskunsthalle aufgrund eines ausgestellten Werks das israelbezogenen Antisemitismus beinhaltet geschrieben haben, wird es kontextualisiert.
Die Bundeskunsthalle in Bonn stellt im Rahmen ihrer Ausstellung “Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland.” das Werk der Künstlerin Daniela Ortiz „The ABC of Racist Europe“ aus, welches israelbezogenen Antisemitismus und Terrorismusverherrlichung beinhaltet.
Wir haben der Intendanz der Bundeskunsthalle geschrieben und unsere Kritik an der Ausstellung dieses Exponats an einem für die Bundesrepublik sehr repräsentativen Ort verdeutlicht.
Mit positivem Ergebnis: Die Bundeskunsthalle hat in ihrem zweiten Antwortschreiben an uns angekündigt das Werk mit angebrachten Hinweistafeln zu kontextualisieren.
Nachfolgend sind die zwei Schreiben unseres Vorsitzenden, in welchen wir unsere Kritik zum Werk von Daniela Ortiz formulierten und die zweite Antwort von der Intendanz der Bundeskunsthalle in Bonn.
Wir freuen uns, dass unsere Kritik ernst genommen wurde!
14. Juni 2023 14. Juni 2023 Schreiben unseres Vorstandsvorsitzenden an die Intendanz der Bundeskunsthalle:
Sehr geehrte Frau Dr. Kraus,
wir wenden uns heute mit diesem Schreiben bezüglich Ihrer Ausstellung „Wer wir sind“ an Sie. Eines der Ausstellungsstücke wirft bei uns Fragen auf, die wir Sie höflichst bitten, uns zu beantworten.
Die documenta fifteen, samt ihren zum Teil antisemitischen Kunstwerken ist noch nicht einmal ein Jahr vergangen und schon sind wir mit einer weiteren für Deutschland bedeutsamen Kunstausstellung konfrontiert, deren Exponate antisemitischen Terrorismus verherrlichen. In der Ausstellung “Wer wir sind” wird unter anderem das Kunstwerk der Künstlerin Daniela Ortiz „ABC of racist Europe“ auf Wandtafeln abgebildet. Auf einem Bild dieses Exponats wird die Befreiung des verurteilten Terroristen Ahmat Sa’adat, dem Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) gefordert. Die PFLP ist eine Terrororganisation, die auch auf der EU-Terrorliste steht – das öffentliche Zeigen ihrer Symbole ist verboten. Das Exponat verherrlicht also Terrorismus.
Auf einem anderen Bild wird für ein Buch von der Autorin Houria Bouteldja mit dem Titel „Les Blancs, les Juifs et Nous“ (dt.: „Die Weißen, die Juden und Wir“) als „Wissen im Kampf“ gegen „Kolonialisten“ geworben. Bouteldja nahm – vermutlich handelt es sich um den „Marche des Indigènes“ 2008 – an einer Demonstration teil, bei der auch Schilder mit Bildern des Hamas-Gründers Ahmad Yasin zu sehen waren. Dazu befragt, antwortete sie, dass Yasin ein “Antikolonialist“ sei, „der gegen den israelischen Kolonialismus gekämpft hat“ und “alle Antikolonialisten ‘bei uns’ willkommen” seien. Darüber hinaus wird ihr Antisemitismus, Homophobie und Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen. Bouteldja wurde passend dazu von der in London ansässigen Organisation mit dem irreführenden Namen „Islamic Human Rights Commission“ für ihre Ideen 2014 mit einem Preis gewürdigt. Ihr erwähntes Buch wird öfter von dieser Organisation beworben und in deren hauseigener Buchhandlung zum Verkauf angeboten. Die sogenannte „Islamic Human Rights Commission“ ist bekannt als Ableger des menschenverachtenden, antisemitischen Regimes in Iran.
Die Ausstellung in der Bundeskunsthalle soll Fragen über gesellschaftliche Teilhabe in der deutschen Einwanderungsgesellschaft behandeln. Vor diesem Gesamtkontext führt die Verwendung des Exponats von Ortiz mit seinem terrorismusverherrlichenden Inhalt innerhalb dieser Erzählung zu einem Ausschluss von Jüdinnen und Juden aus diesem kollektiven „Wir“ und markiert uns als „kolonialistische Feinde“.
Die Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland ist eines der bundesweit besucherreichsten Museen. Will eine Ausstellung mit solch einer repräsentativen Bedeutung für die Bundesrepublik wirklich solche Botschaften transportieren? Waren und sind Sie sich der ausgestellten Inhalte bewusst? Wie bewerten Sie das Ausstellen von PFLP-Verherrlichung? Werden diese Ausstellungsstücke kontextualisiert und in ihrer verbildlichten Symbolik für das Publikum aufklärend erläutert? Wenn ja, wie?
22. Juni 2023 Antwortschreiben unseres Vorstandsvorsitzenden an die Intendanz der Bundeskunsthalle
Sehr geehrte Frau Dr. Kraus,
haben Sie vielen Dank für Ihr Antwortschreiben und die Übersendung Ihrer Medienerklärung vom 16. Juni 2023.
In beiden Schreiben versichern Sie, dass das Thema Antisemitismus eine Schlüsselrolle in der Ausstellung „Wer wir sind“ habe. Wir fragen uns, warum diese grundlegende Motivation in den offiziellen Beschreibungstexten zur Ausstellung auf Ihrer Webseite keine Erwähnung findet?
Sie führen weiter aus: „Dies ist vor dem Hintergrund Ihrer Kritik zu betonen, denn diese Tatsache sparen Sie in Ihren bereits veröffentlichten Vorwürfen aus.“ Wir möchten hiermit klarstellen, dass wir bis dato weder „Vorwürfe“ noch unser Schreiben an Sie veröffentlicht haben. Im Gegenteil: Wir wollten Ihnen zuerst die Gelegenheit geben, sich zu den aus unserer Perspektive resultierenden Fragen bezüglich des Werks von Daniela Ortiz zu äußern. Dass wir Ihnen unter Vorbehalt der Veröffentlichung unser Schreiben übermittelt haben, entspricht üblicher Praxis und gilt auch für diese Korrespondenz. Wir weisen daher diese von Ihnen aufgestellte Behauptung als haltlos zurück.
Bedauerlicherweise blieben im Hinblick auf die erwähnten Fragen aus unserem Schreiben folgende Aspekte unbeantwortet, weshalb wir sie hiermit wiederholen möchten: Wie bewerten Sie das Ausstellen von PFLP-Verherrlichung? Vor diesem Hintergrund: Will eine Ausstellung mit solch einer repräsentativen Bedeutung für die Bundesrepublik wirklich diese Botschaft transportieren?
Wir halten es auch für kein valides Argument, darauf hinzuweisen, dass bislang keine „kritischen Beanstandungen“ zu vernehmen waren, obwohl das genannte Werk „in verschiedenen öffentlichen Institutionen in Deutschland und ganz Europa gezeigt“ wurde. Aufgrund des Fehlens eines (medialen) kritischen Echos auf den objektiv nachvollziehbaren Sinngehalt eines Werks zu schließen ist eine unzulässige Vereinfachung.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass Sie das Werk von Daniela Ortiz bewerten möchten. Hierfür empfehlen wir Ihnen eine in ihrem Forschungsfeld hervorstechende wissenschaftliche Gutachterin: Dr. Julia Bernstein ist Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences und war gerade aufgrund ihrer Expertise Teil des Expertengremiums, die das Gutachten zu beanstandeten Werken der documenta fifteen erstellt haben. Vor diesem Hintergrund möchten wir auch unsere im ersten Schreiben gestellte Frage aktualisieren: Werden die genannten Ausstellungsstücke kontextualisiert und in ihrer verbildlichten Symbolik für das Publikum aufklärend erläutert? Wenn ja, wie?
06. Juli 2023, Zweites Antwortschreiben der Bundeskunsthalle, in der die Kontextualisierung des Exponats von Daniela Ortiz durch angebrachte Hinweistafeln angekündigt wird:
Sehr geehrter Herr Adler,
haben Sie vielen Dank für Ihr Antwortschreiben vom 22. Juni. Wie angekündigt haben wir uns mit Ihrer Kritik eingehend beschäftigt und möchten uns erneut für Ihre Hinweise bedanken. Gemeinsam mit zwei Expert*innen haben wir das betreffende Werk vor diesem Hintergrund eingehend begutachtet und sind zu der Einschätzung gekommen, dass es einer kritischen Kommentierung bedarf. Diese haben wir nun verfasst und werden sie sowohl in der Ausstellung als auch als Pressemeldung veröffentlichen.
Zu Ihrer Information finden Sie den Wortlaut des Kommentars unten stehend:
Hinweis
Das Werk The ABC of Racist Europe von Daniela Ortiz hat für öffentliche Kritik gesorgt. Es geht um die Bedenken, dass sich in diesem Werk Darstellungen finden, die israelbezogenem Antisemitismus Vorschub leisten. Wir möchten das Werk daher vor diesem Hintergrund kritisch kommentieren.
Bildtafel G .
Die Bildtafel G suggeriert, dass der Staat Israel gemeinsam mit der britischen Sicherheitsfirma G4S Gefängnisse betreibe, in denen palästinensische Gefangene gefoltert werden. Nach jetzigem Stand hat G4S seine Dienstleistungen für israelische Gefängnisse 2016 beendet. Die Firma hat die Gefängnisse jedoch nicht betrieben. Kern der Dienstleistung war die Lieferung und Wartung von Sicherheitssystemen. Seit 2016 gibt es diese Dienstleistung nicht mehr. Die Vorwürfe einer Beteiligung an Folter konnten nicht erhärtet werden.
Bildtafel I
Auf der Bildtafel I] taucht eine gezeichnete Figur namens „Handala“ auf, Diese Figur des Zeichners Nadschi al-Ali (1938—1987) ist prägnanter Teil des Logos der propalästinensischen Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) und Symbol des palästinensischen Widerstands gegen die israelische Militärbesatzung. Sie soll einen zehnjährigen palästinensischen Flüchtlingsjungen symbolisieren, der — wie der Zeichner—1948 seine Heimat verlassen musste. Die Handala-Figur ist ein typisches Bildelement, das die Unterstützung palästinensischer Anliegen und der BDS-Bewegung symbolisiert.
Bildtafel R
In dieser Darstellung ist eine Karte von Israel, Westbank und Gaza als palästinensisches Gesamtterritorium abgebildet, in der die international anerkannten Grenzen von 1967 nicht existieren. Im Kontext des gesamten Werkes lässt sich darauf schließen, dass hier die Forderung nach einem palästinensischen Staat vom Jordan-Fluss bis zum Mittelmeer dargestellt wird. In diesem Fall handelt es sich um ein klassisches Motiv im israelbezogene Antisemitismus: Die Delegitimierung bzw. das Propagieren einer Auslöschung des Staates Israel, Auf derselben Bildtafel findet sich ein Foto von Ahmad Sa’adat, dem Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), mit einem Aufruf zu seiner Freilassung aus dem israelischen Gefängnis. Die PFLP steht auf der EU-Terroristenliste und war in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren maßgeblich an Flugzeugentführungen beteiligt, u.a. um Gefangene freizupressen. 2001 bekannte sich die PFLP zur Ermordung des israelischen Tourismusministers Rechawam Seewi. Ahmad Sa’adat wurde daraufhin festgenommen und als Drahtzieher zu 30 Jahren Haft verurteilt.
Bildtafel W
Auf der Bildtafel für den Buchstaben W ist ein liegender, lesender Mensch dargestellt sowie eine Reihe von Büchern, darunter auch das Buch der franco-algerischen Aktivistin Houdia Bouteldji Les Blancs, les Juifs et nous (Die Weißen, die Juden und wir), das nicht zuletzt wegen der darin gemachten Äußerungen zu Israel hoch umstritten ist, Die Aktivistin selbst ist immer wieder durch ihre antiisraelischen und antisemitischen Äußerungen aufgefallen.
Die Bundeskunsthalle und das Ausstellungsteam distanzieren sich von dieser und jeglicher anderen Form der Verherrlichung oder Bagatellisierung von Gewalt und von Antisemitismus.
Wir bedanken uns erneut für Ihren Anstoß und senden freundliche Grüße,