Pressemitteilung: WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen empfiehlt Formulierung für Artikel 3
Grundgesetz-Änderung: wenn schon, dann richtig!
Grundgesetz-Änderung: wenn schon, dann richtig!
Nach dem Bundesrat diskutiert diese Woche das Kabinett über eine mögliche Änderung des Grundgesetzes. Unter anderem soll der Begriff „Rasse“ gestrichen werden – bei der Ersatzformulierung sollte man jedoch mit Bedacht vorgehen.
Wir begrüßen diese Initiative der Bundesländer Hamburg und Thüringen und empfehlen, deren Impuls aufzunehmen und einen Schritt weiter zu tragen. So schlagen wir vor, den von den beiden Bundesländern vorgeschlagenen Formulierungsvorschlag „rassistische Motive“, weiterzuentwickeln und zu schreiben, dass „rassistische oder antisemitische Zuschreibungen“ nicht zu Benachteiligungen führen dürfen.
Diese Formulierung würde den Schutzgrad des Artikel 3 GG erhöhen bzw. auch präzisieren. Die derzeit beabsichtigte Formulierung entspricht nicht der von Juden und Jüdinnen wahrgenommenen Situation.
Wir Jüdinnen und Juden sind in der Regel weniger dem Hass von „reinen“ Rassisten ausgesetzt. Wir werden Opfer von Antisemiten, von Judenhassern. Diese haben meist ein in sich abgeschlossenes judenfeindliches Weltbild, in dem Verschwörungsmythen, politische, historische und alle denkbaren anderen Gründe angeführt werden, um uns abzulehnen und oftmals in Folge sogar zu bekämpfen.
Dieser Gemengelage würde am besten durch die Formulierung der „rassistischen oder antisemitischen Zuschreibungen“, welche bereits ähnlich im Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz zu finden ist, entsprochen.
Elio Adler, der Vorsitzende der WerteInitiative dazu: „Antisemiten bauen ihr gesamtes Weltbild darauf auf, Jüdinnen und Juden bestimmte Eigenschaften anzudichten, die ihren Hass auf uns legitimieren. Gerade dieses Gerüchthafte und von der Realität Befreite kommt mit der Formulierung ‚Zuschreibungen‘ ideal zum Ausdruck. Sie wäre fachlich und politisch richtig und wegweisend.“
Antisemitismus ist eben kein Rassismus, und viel mehr als Hass gegen unsere Religion, unseren Glauben oder unsere Herkunft. Es ist ein über die Jahrhunderte erlerntes „Gerücht über die Juden“. Diesem gilt es entgegenzutreten. Deshalb halten wir unsere geforderte Ergänzung für mehr als ein rein politisches Symbol, wobei auch allein das seine Berechtigung hätte: es wäre eine Formulierung, die dem Stand der Antisemitismus-Forschung entspricht und unserer realen Erfahrung entspricht.
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Außerdem weisen wir auf die „Grundsatzerklärung Antisemitismus“ aus dem Jahre 2018 hin: https://werteinitiative.de/grundsatzerklaerung-antisemitismus/. Sie wurde von uns mit einer Fachorganisation zusammen herausgegeben, von vielen relevanten jüdischen Organisationen und politischen Akteuren unterzeichnet und fand, wie man weiter unten auf der Webseite sehen kann, viele Unterstützer. Punkt 4 darin unterstreicht unsere Argumentation.