Pressemitteilung: Während der Corona-Krise hat ein Thema leider wieder besonders Hochkonjunktur: Verschwörungsmythen

Schon während eines sehr frühen Stadiums der Krise hörten wir: Israel bzw. „die Juden“ hätten Covid-19 in die Welt gesetzt.

10.05.2020

 +++ Pressemitteilung: Während der Corona-Krise hat ein Thema leider wieder besonders Hochkonjunktur: Verschwörungsmythen +++

Schon während eines sehr frühen Stadiums der Krise hörten wir: Israel bzw. „die Juden“ hätten Covid-19 in die Welt gesetzt. Dies referenziert auf die Jahrhunderte alte Lüge über jüdische Brunnenvergifter, die schon im Mittelalter rechtfertigen sollte, dass Jüdinnen und Juden verfolgt wurden.

Aktuell nehmen wir wahr, dass einige Akteure auf diesen Zug aufspringen und teils täglich ihre Follower mit Verschwörungsmythen füttern. Die Wirkung erleben wir u.a. auf den derzeitigen sog. „Hygiene-Demos“ in Deutschland, wo von Demonstrationsteilnehmern sogar vor Gewalt nicht zurückgeschreckt wird. Wir sehen dies als eine extrem beunruhigende Entwicklung, da hier davon ausgegangen werden muss, dass die Gewalt nicht nur auf den Demonstrationen bleiben wird, sondern sich ggf. auch in späteren Terrorakten durch radikalisierte Bürgerinnen und Bürgern entladen kann.

Dieser Komplex ist kein neues Thema. Verschwörungsmythen gibt es seit mehreren tausend Jahren. Sie münden in ihrer überwiegenden Mehrheit häufig in antisemitische Stereotype und Beschuldigungen. Dies hat eine direkte Auswirkung auf Jüdinnen und Juden, wie man am Beispiel der Attentate von Halle, Pittsburgh und Poway sieht. Diese rechtsradikalen Attentäter haben sich offenbar hauptsächlich über sog. „Image-Boards“ im Internet radikalisiert, über die bis zum heutigen Tage unbehelligt und täglich wüstester Judenhass und antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet werden.

Neben dem rechtsextremen Lager nehmen wir diese Entwicklungen aber auch aus linksextremen sowie islamistischen Milieus wahr. Der sog. „Querfront“, eine Vermischung aus linken und rechten Protagonisten und Positionen, sollte hier ein besonderes Augenmerk gewidmet werden, da dort wohl die prominentesten Verbreiter vereint sind. Hier ist oft die Rede von einer „New World Order“ (NWO), in der die Völker der Erde einer angeblich autoritären, supranationalen (vornehmlich jüdischen) Weltregierung unterworfen werden sollen, die die Menschheit unterjochen soll.

Insgesamt halten wir die sich zunehmend verbreitenden Verschwörungsmythen sowie Fake News für äußerst bedrohlich – nicht nur für uns Jüdinnen und Juden. Wir sehen unsere Gesellschaft und Demokratie als Ganzes in Gefahr, sollte diese virale Entwicklung nicht gestoppt werden können.

Dazu Daniel Kohn, Vorstandsmitglied der WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen: „Wir erleben in diesen Zeiten äußerst kurze Radikalisierungsprozesse bis in die gesellschaftliche Mitte hinein. Der sprunghafte Anstieg von antisemitischen Verschwörungsmythen, gerade auch in den Sozialen Medien, ist mehr als beunruhigend. Dieser Entwicklung müssen wir Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Politik dynamisch Einhalt gebieten, damit dieses gesellschaftliche Virus nicht vor unseren Augen aus dem Ruder läuft.“

Aus unserer Sicht ist eine Kampagne gegen Verschwörungsmythen sowie Fake News dringend notwendig, die mediengestützt den Bürgerinnen und Bürgern möglichst zeitnah Faktenchecks zu den aktuell dominantesten Verschwörungsmythen zur Verfügung stellt. Die bisher durch die Bundesregierung veröffentlichten Grafiken hierzu verstehen wir als ersten testweisen Schritt in die richtige Richtung. Damit einhergehen sollte eine Checking-Stelle (z.B. beim Bundespresse- und Informationsamt), an welche sich Bürgerinnen und Bürger wenden können, wenn sie sich unsicher sind, ob eine Meldung wahr oder unwahr ist. Sollten hier beispielsweise gehäuft Meldungen zu einem Thema gemeldet werden, soll die dafür eingerichtete Stelle zügig einen Faktencheck erstellen und über ihre Social Media- sowie Presse- und Medienkanäle zur Verfügung stellen.