Problematische Veranstaltungsreihe an der Berliner Universität der Künste
Trotz Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses: Landeszentrale für politische Bildung begleitet diese problematische Veranstaltungsreihe
Uns erreichte der Brief einer jüdischen Studentin, welche auf eine Veranstaltungsreihe der Berliner Universität der Künste aufmerksam machen wollte. Die Konzeption der Veranstaltung erfolgte durch Studierende, wurde aber augenscheinlich durch Verantwortliche der Universität und der Berliner Landeszentrale für Politische Bildung begleitet.
Wir haben daraufhin den Regierenden Bürgermeister von Berlin (dem obersten Dienstherren vom Land Berlin) sowie das Büro des damaligen Antisemitismus-Beauftragten von Berlin angeschrieben. Im Folgenden der Schriftwechsel:
Unser Schreiben an den Regierenden Bürgermeister, 27.07.2020
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Müller,
sehr geehrte Frau Paulus (stellvertretend für Herrn Korgel),
unter Bezugnahme auf Ihre Mail, übermittle ich Ihnen einen Brief, den eine jüdischen Studentin der UdK an den Leiter der Landeszentrale für Politische Bildung, Herrn Gill, gesendet hat. Sie möchte aus Angst vor persönlichen Repressionen anonym bleiben.
Im Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 23.05.2018 heißt es: „Organisationen, Vereinen und Personen, die die Existenz Israels als jüdischen Staat delegitimieren oder anderweitig antisemitisch agieren, werden – soweit rechtlich möglich – keine Räumlichkeiten oder Flächen zur Verfügung gestellt. Sie sollen auch keine Zuwendungen oder Zuschüsse des Landes erhalten.“
Diese Veranstaltungsreihe entspricht den im Beschluss genannten Kriterien:
https://praxis-udk.de/2020/06/24/kulturelle-kollaborationen-im-nahen-osten/
https://praxis-udk.de/2020/06/24/stimmen-aus-nahost/
Unserer Auffassung nach verstoßen sowohl die Universität der Künste als auch die Landeszentrale für politische Bildung gegen o.g. Beschluss.
Wir bitten Sie, auf die Beteiligten einzuwirken, dass die noch ausstehenden Veranstaltungen auf Ausgewogenheit geprgeprüft undund ggfggf. nicht durchgeführt werden und sichergestellt wird, dass sich in Zukunft derartiges nicht wiederholen kann.
Der guten Ordnung halber weisen wir darauf hin, dieses Schreiben und ggf. Ihre Antwort zu veröffentlichen. Etwaige persönliche Kontaktdaten würden dabei selbstverständlich unkenntlich gemacht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Elio Adler
Vorstandsvorsitzender
Brief einer anonymen, jüdischen Studentin der UdK:
Sehr geehrter Herr Gill,
Diese Mail bezieht sich auf die Lehrveranstaltungsreihe „Stimmen aus Nahost“, welche am 20. Juli Auftakt bei den Medien und KulturjournalistInnen der Universität der Künste hat und in Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung Berlin entstanden ist.
Sie baten uns, nach einem persönlichen Telefonat Ihnen und den MitveranstalterInnen Quellen zu zusenden, die belegen, welche Positionen und Außenwirkung ihre Veranstaltung hat und weshalb wir Ihre eingeladenen Gäste, im universitären Rahmen, als problematisch ansehen.
- Einleitend der Veranstaltungstext (und Bild siehe Anhang):
“Seit Jahrzehnten sehen sich Kulturschaffende im Nahen Osten mit den Angeboten und Fallstricken der Kooperationen zwischen Palästinenser*innen und Israelis konfrontiert. Wie beeinflussen Besatzung und logistische Einschränkungen kulturellen Austausch und Schaffensprozesse? Gibt es Möglichkeiten zur Kooperation abseits von Normalisierung der Machtgefälle?“
Hierbei möchte ich zu Beginn auf die Rhetorik der Veranstaltenden eingehen, die sich klar dem Jargon der Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen bedienen.
Der Begriff der Normalisierung in diesem Zusammenhang zu nutzen, legt keine NEUTRALE Positionierung voraus.
BDS-Debatte: Über Normalisierung und selektiven Boykott http://bds-kampagne.de/2012/04/01/bds-debatte-ueber-normalisierung-und-selektiven-boykott/
“Normalisierung (normalisation) ist die englische Übersetzung des arabischen Wortes tatbi’, etwas Anormales als normal erscheinen lassen.”
Weitere Zitate:
-Es ist hilfreich, wenn man die Normalisierung als eine “Kolonisierung des Verstandes” begreift.
-Jene, die Normalisierung betreiben, ignorieren entweder diese Unterdrückung oder akzeptieren sie als Status quo, mit dem man leben kann.
-…dass der Begriff Normalisierung für Beziehungen gilt, die ein irreführendes und betrügerisches Bild von Normalität, Symmetrie, Gleichstellung vermitteln, wo eine offensichtlich anormale und asymmetrische Beziehung kolonialer Unterdrückung und Apartheid besteht .Boycott, Divestment and Sanctions/ Wikipedia
“BDS betrachtet die Zusammenarbeit von Israelis und Palästinensern als „Normalisierung“ eines vorgeblichen Unterdrückungszustands, die es zu bekämpfen gelte.”
“Kenneth L. Marcus, Gründer des Louis D. Brandeis Center for Human Rights under Law, sieht die primäre BDS-Strategie in der Tradition früherer Judenboykotte auf Abwehr jeder Normalisierung der Beziehungen zu Israel ausgerichtet, konträr zur Hoffnung früher Zionisten, mit dem jüdischen Staat dem Antisemitismus den Boden zu entziehen.“
- Eingeladene Personen
In ihrem Veranstaltungstext heißt es auch: „ In einer digitalen Diskussionsrunde wollen wir uns kritisch mit diesen und weiteren Fragen auseinandersetzen. Im Fokus stehen Stimmen aus und zu Initiativen, in denen Palästinenser*innen und Israelis auf zwei unterschiedliche Arten zusammenarbeiten. Dazu werden wir mit Adnan Jaber, Mitglied der Kulturinitiative Tech2Peace, und dem Journalisten und Fotografen Ahmad Al-Bazz, Mitglied des Kollektivs ActiveStills, sprechen.“
Wir stellen uns die Frage, in wie weit eine reale Diskussionsrunde entstehen kann? Und wissen, welche “weiteren Fragen” ganz offensichtlich in dieser Scheindebatte aufkommen werden.
Wenn ausschließlich 2 Palästinenser eingeladen werden, in wieweit wird und kann auf die israelische/jüdische Sichtweise hier eingegangen werden, um die „Fallstricke“ zu beleuchten?
Des weiteren haben wir uns mit dem eingeladenen Kollektiv ActiveStills auseinandergesetzt und der Person, die diese im Rahmen der UdK repräsentiert.
Ahmad Al-Bazz hat bereits ausgiebige Interviews mit dem BDS Türkei (http://bdsturkiye.org/bds-haberler/activestills-ile-soylesi-bir-gerilla-fotografciligi-gunduz-direnisi-fotografla-gece-sergi-ac/?fbclid=IwAR0cLRrP02-92BIzGr_dcR-1GYdb3C2avBlR59BFYoWATAA7EtYHV6eyqFI) geführt und arbeitet für die Electronic Intifada, die durch antisemitsche Ausfälle bereits in Deutschland von der Amadeus Antonio Stiftung im Jahr 2017 nach Kriterien der Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als Verbreitung „antisemitische[r] Propaganda“ genannt wurde. (Offener Brief Arte Doku ~ Amadeu Antonio Stiftung. In: amadeu-antonio-stiftung.de. 22. Juli 2017, abgerufen am 7. August 2017.)
In dem oben genannten Interview äußert sich Al-Bazz wie folgt:
“Abgesehen davon ist eine Zusammenarbeit für mich niemals akzeptabel. Zum Beispiel ist keine Zusammenarbeit bei Kunst-, Sport- und sogar Friedensdialogen akzeptabel. Wenn dies zu streng klingt, werde ich die einfache Frage aufwerfen: Können wir den Kolonialisten und den Ausbeuter bitten, zusammenzuarbeiten, während das Apartheid- und Kolonialsystem in Südafrika weitergeht? Absolut, die natürliche Antwort ist nein. Warum? Denn der Dialog und die Zusammenarbeit verschiedener Segmente kam erst nach dem Ende der Entkolonialisierung und der Apartheid zustande. Alles davor diente dazu, die Beziehungen zwischen dem Kolonialisten und den Ausgebeuteten im anhaltenden repressiven System zu “normalisieren”.Nun stellt sich die Frage, wieso eine Person eingeladen wird, über die Frage der Zusammenarbeit zu sprechen, wenn diese prinzipiell abgelehnt wird.
Des Weiteren sagt er: “Ich muss hier sagen, dass es nur sehr wenige “antizionistische israelische Aktivisten” gibt, die ich als meine Partner im palästinensischen Kampf sehe.“
Die Bundeszentrale für politische Bildung hat einen Arbeitsbogen zum Thema antizionistischer Antisemitismus herausgegeben. Hier wird klar gegsagt, dass Antizionismus Israel das Existenzrecht abspricht: “Bewusst oder unbewusst: eine solche Position läuft auf die Aufhebung einer gesicherten Zufluchtsstätte für die Juden und eine damit verbundene Verfolgung hinaus.”
Wenn Al-Bazz prinzipiell nur eine Zusammenarbeit mit isrealischen Menschen zulässt, solange diese anzitionistisch, also gegen das Existenzrecht Israels sind, von einem Apartheidsregime redet und nur einstigen, selektierten Dialog zu lässt, stellt sich die Frage, wieso diese Person bezahlte Redefreiheit an einer staatlichen Universität bekommt.
- Verantwortung der UdK gegenüber jüdischen StudentInnen
Mit drastischer Zunahme an antisemitischer Gewalt an amerikanischen Universitäten, wirkt diese Veranstaltung besonders bedrohlich auf jüdische Studierende.
Die Veranstaltung suggeriert einen Dialog zwischen, der im schlimmsten Fall auf Kosten von jüdischen Studierenden ausgetragen wird.
„Stimmen aus Nahost“ gibt antizionistischen Antisemiten Raum, dies sollte kritisch hinterfragt werden, ebenso wie das Durchführen eines Schein “Dialoges“.
Sowohl die UdK, als auch die Landeszentrale für politische Bildung hat den Bildungsauftrag und trägt die Verantwortung Antisemitismus in jeglicher Form NIE WIEDER salonfähig zu machen.Mit freundlichen Grüßen,
Eine Studentin.
Antwort des Leiters der Landeszentrale f. politische Bildung, 27.07.2020
Sehr geehrter Herr Dr. Adler,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Rückmeldung auf unsere Veranstaltung.
Die Universität der Künste Berlin (UdK), genauer: der Masterstudiengang Kulturjournalismus am Zentralinstitut für Weiterbildung (ZIW) sowie das Studium Generale der UdK und die Berliner Landeszentrale für politische Bildung kooperierten bereits im WS 2019/20 bei vier Veranstaltungen zum Themenbereich Antisemitismus. Die Veranstaltungen wurden als studentische Arbeiten geplant und durchgeführt. Sie entstanden im Anschluss an eine Lehrveranstaltung zum Thema „Antisemitismus und Nahostkonflikt in der deutschen Berichterstattung“, auf expliziten Wunsch der Studierenden hin, die sich weiterhin mit der Thematik auseinandersetzen wollten, was wir als sehr begrüßenswert erachten.
Diese Kooperation wird nun im Sommersemester mit drei Veranstaltungen zum Themenbereich Nahost verlängert. Die erste Veranstaltung fand als reines Online-Angebot am 20. Juli unter dem Titel “Kulturelle Kollaborationen im Nahen Osten” statt. An der Diskussion nahmen teil: Adnan Jaber und Uri Rosenberg, Mitglieder der Initiative Tech2Peace und der Journalist und Fotograf Ahmad Al-Bazz, Mitglied des Kollektivs ActiveStills.
Diskussionspunkt dieser Veranstaltung waren die Chancen und Grenzen von jüdisch-israelisch/palästinensischen Kooperationen im kulturellen Bereich. Das Thema haben die Studierenden vorgeschlagen, die bei ihren Recherchen auf mehrere solcher Kooperationen gestoßen waren und sich fragten, ob und unter welchen Voraussetzungen sie in welcher Weise funktionieren. Ausgangspunkt war mithin ein großes Erkenntnisinteresse auf Seiten der Studierenden. Als Studierende des Kulturjournalismus war ihr Zugang ein journalistischer: interessiert, wertfrei und ohne Vorbehalte. Aus diesem Grund haben sie zwei sehr unterschiedliche Initiativen ausgesucht, um verschiedene Stimmen und Standpunkte in dieser Frage zu hören. Eine Wertung erfolgte im Zuge der Gespräche nicht.
Wir begrüßen es sehr, dass sich junge Menschen und insbesondere junge Journalist*innen auf den Weg machen, sich mit dieser enorm komplexen Thematik auseinanderzusetzen und dafür auch ihre eigene Herangehensweise wählen. Darin liegt die Chance, die gerade in Deutschland zunehmend verhärtete Debatte um neue Stimmen und Perspektiven zu bereichern und auf diese Weise möglicherweise auch neue Formen des Dialogs zu schaffen.
Die Reihe wird im Laufe des Semesters mit zwei weiteren Veranstaltungen fortgesetzt: Am 7. August mit einem Kurzfilmabend, der die wichtige Frage der Repräsentation beleuchtet, sowie am 17. September mit einem Literaturabend, zu dem u.a. die Initiative „Jews and Arabs Writing in Berlin“ eingeladen ist. Es würde uns sehr freuen, Sie bei diesen Veranstaltungen begrüßen zu dürfen und einige Ihrer Bedenken entkräften zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Gill
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Thomas Gill
Berliner Landeszentrale für politische Bildung
Leiter
Unser Schreiben u.a. an den Regierenden Bürgermeister, 10.08.2020
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Müller,
unter Bezugnahme auf unsere Mail vom 23.7.20 sehen wir uns veranlasst, uns erneut an Sie zu wenden. Herr Gill, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung hatte uns geantwortet und obwohl in seiner Mail nicht ersichtlich, gehen wir davon aus, dass Ihnen seine Antwort bekannt. Ist.
Unsere Sorge scheint sich bewahrheitet zu haben: Entgegen der Ankündigung des Leiters der Landeszentrale für politische Bildung, war auch die 2. Veranstaltung der UdK-Reihe “Stimmen aus Nahost” hinsichtlich der transportierten Bilder höchst tendenziös und war erwartungsgemäß – laut angefügtem Bericht – alles andere als ausgewogen.
Wir hatten Sie, sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, im Vorfeld darauf hingewiesen und Herr Gill hatte unsere Befürchtungen derartig eindeutig abgewehrt und uns zur Teilnahme eingeladen, dass uns der nun der unten geschilderte Verlauf der zweiten Veranstaltung umso mehr irritiert.
Zur Ihrer Kenntnisnahme und weiteren Veranlassung fügen wir eine nach der 2. Veranstaltung der Reihe aktualisierte Stellungnahme der dort unterzeichnenden Organisationen/Personen bei. Den Titel der Stellungnahme machen wir uns ausdrücklich nicht zu eigen. Die darin geäußerten Bedenken jedoch ausdrücklich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Elio Adler
Vorstandsvorsitzender
Antwort des Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, 17.08.2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Rückmeldung auf unsere Veranstaltung „Kurzfilmperspektiven auf den Nahost-Konflikt“ am 7. August 2020 in der Kulturfabrik Moabit, die zweite Veranstaltung im Rahmen unserer Reihe „Stimmen aus Nahost. Künstlerische Positionen und kulturelle Perspektiven“.
Auch wir bedauern den Verlauf der Veranstaltung, insbesondere auch das lautstarke Verlassen derselben durch einige (alle?) der Unterzeichnenden.
Nicht nachvollziehbar ist für uns ihre Einschätzung einer „antizionistischen Grundideologie der Initiator*innen“, weisen diese vielmehr entschieden zurück.
Da Sie sich, wenn nicht im Laufe des Abends, aber, wie Sie konstatieren, im Vorfeld mit dem Programm beschäftigt haben, werden Sie festgestellt haben, dass dieses sehr divers gestaltet ist und sehr unterschiedliche Stimmen und Perspektiven zu Wort kommen lässt, genauso wie es unserer Intention mit dieser Reihe entspricht.
Beide Studentinnen wie alle an der Konzeption und Durchführung der Reihe beteiligten Studierenden haben mindestens eines von zwei Seminaren am Studiengang Kulturjournalismus besucht, in der sie an die Themen Antisemitismus (Seminar 1) und Nahost-Konflikt (Seminar 2) und insbesondere die diesbezügliche Berichterstattung herangeführt wurden. Es war ihr eigener und expliziter Wunsch, die Auseinandersetzung mit diesen komplexen Themen in Form einer Veranstaltungsreihe fortzusetzen, da sie sich als angehende und größtenteils bereits praktizierende Journalist*innen in der Verantwortung sehen, zur öffentlichen Auseinandersetzung hierzu beizutragen. Bei der Konzeption der Veranstaltung lassen wir den Studierenden weitgehend freie Hand, denn es geht ja gerade um ihre Herangehensweise und ihren Fokus, begleiten und betreuen sie dabei jedoch und intervenieren, wenn wir es für notwendig erachten.
Die Auswahl des Filmes von Dani Gal erfolgte von Seiten der beiden Kuratorinnen ebenso wohlüberlegt wie die Gestaltung des Gesamtprogrammes. Dani Gal ist ein sehr renommierter israelischer Künstler, den wir mit einer seiner Arbeiten zu Antisemitismus bereits zum ersten Kurzfilmabend im vergangenen Jahr einladen wollten. Da dies aus verschiedenen Grünen nicht möglich war, haben die Studierenden ihn für den zweiten Kurzfilmabend erneut kontaktiert und er selbst schlug den Film „White City“ vor. Die Studierenden nahmen seinen Vorschlag an, insbesondere aufgrund seiner künstlerischen Annäherung an die Frage der Produktion von Ideologie durch die Repräsentation historischer Narrative, die sie für den thematischen Schwerpunkt der Veranstaltung als sehr passend fanden, um die Rolle der Repräsentationsmittel im Kontext der israelisch-palästinensischen Geschichte zu hinterfragen. Im Übrigen wurde der Film u.a. vom Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien unterstützt.
Natürlich kann man über die Zusammenstellung des Programms wie auch über einzelne Filme geteilter Meinung sein, das macht die Auseinandersetzung darüber notwendig und auch überhaupt erst möglich. Grundvoraussetzung einer solchen Auseinandersetzung ist allerdings ein respektvolles Miteinander. Dieses haben wir indessen auf Ihrer Seite vermisst. Wie Sie selbst feststellen, gab es insbesondere aus dem Publikum starke (und einhellige) Reaktionen, nicht nur auf die Inhalte Ihrer Äußerungen, sondern vor allem auch auf die Art und Weise, wie diese erfolgten. Diese nahmen nämlich zunächst und primär die Form von Zwischenrufen, Wortmeldungen (zwei) erfolgten erst später. Lautstarke Äußerungen wie „Sprich doch lauter, wenn Du zu dem stehst, was Du da erzählst“, wie sie gleich zu Beginn des Gespräches mit dem Filmemacher Dany Gal erfolgten, werten wir nicht als konstruktiven Gesprächsbeitrag und wurden auch von dem Publikum nicht als solche wahrgenommen. Entsprechend gab es aus dem Publikum wiederholt Aufforderungen an die Gruppe, das, was sie zu sagen hat, doch bitte in Form einer Wortmeldung und respektvoll zu formulieren oder aber bitte den Verlauf der Veranstaltung nicht weiter zu stören. Eine sich in diesem Sinne äußernde Damen aus dem Publikum wurde daraufhin als Antisemitin beschimpft, auch dann noch, als sie sich selbst als Jüdin zu erkennen gab. Auch Dany Gal, seinerseits jüdisch, wurde als antisemitisch beschimpft. Seinen Versuch, die zwei Wortmeldungen zu beantworten, blieben von Ihnen leider ungehört, da Sie sich zum frühzeitigen Verlassen der Veranstaltung entschieden haben.
Wie die meisten der bislang stattgefundenen Veranstaltung war auch diese sehr gut besucht, es mussten sogar Interessierte abgewiesen werden, weil sie bereits vor Beginn ausverkauft war. Auch insofern werten wir sie uneingeschränkt als Erfolg. Auch das abschließende Publikumsgespräch zeigte, dass gerade auch in der jüngeren Generation ein ernsthaftes Interesse an Dialog und Verständigung zu diesen Themen vorhanden ist, was wir sehr begrüßen.
Wir können daher an dieser Stelle nur unsere Position bekräftigen, dass auch wir als Veranstalterinnen wie die beteiligten Studierenden den konstruktiven Dialog suchen und wünschen, sei es innerhalb der Veranstaltung oder in gesonderter Form gern auch außerhalb derselben.
Was die zweite Wortmeldung angeht, die eine Thematisierung der Situation der Mizrahi forderte, deren Sprecherin aber Dani Gals sehr ausführliche Antwort nicht abwartete, verweisen wir auf die ausstehende dritte Veranstaltung am 17. September, bei der mehrere Mizrahi als Gäste geladen sind. Es würde uns sehr freuen, wenn Sie diese Gelegenheit nutzen würden, um mit allen Anwesenden in ein respektvolles und konstruktives Gespräch zu treten.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Gill