Preisverleihung an Karikaturisten Hanitzsch

Was soll uns mehr irritieren? Die Preisvergabe oder der Ton, den der Münchner Ex-OB Ude anschlägt?

15.01.2019

Mit dem Ernst-Hoferichter-Preis soll am 24.01.2019 der Karikaturist Dieter Hanitzsch für sein Lebenswerk geehrt werden. Die Stadt München kuratiert den Preis, Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) wird die Laudatio halten, der amtierende Münchner Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers ist Vorsitzender des Stiftungsbeirats, der Hanitzsch den Preis verleiht.

Dieser Umstand beunruhigt und besorgt uns in höchstem Maße. Denn Dieter Hanitzsch zeichnete eine Karikatur, welche am 15. Mai 2018 in der Süddeutschen Zeitung abgedruckt wurde, die sich unsensibel antisemitischer Stereotype bedient und zeigte bis heute keine Einsicht für die Problematik oder die Bedenken von jüdischer Seite.

Elio Adler, der Vorsitzende der WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen dazu: „Dass Herr Hanitzsch nun geehrt werden soll, ist reichlich irritierend. In jedem Fall müssen die Werke, die antisemitische Stereotype aufgreifen, bei der Vergabe der Auszeichnung, deutlich zur Sprache kommen.“
Noch irritierender als die Vergabe der Auszeichnung an Hanitzsch findet Adler aber den Ton, in dem der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt München, Christian Ude, von den Kritikern der Vergabe dieser Auszeichnung spricht. Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte Ude am 10.01.2019, dass „eine kleine Gruppe“ versuche mit einer „straff organisierten Protestaktion Druck auf die Politik auszuüben“. Die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, sei „eine Getriebene dieser Gruppe“.

Selbst wenn die Initiative des Protestes von einer kleinen zivilgesellschaftlichen Gruppe ausging, spricht es für sich, wenn sich weitere Menschen dem anschließen, weil sie sich in der Perpetuierung ihrer Verletzung bestätigt sehen. Von einem „Empörungsritual“, welches Ude hinter dem Protest vermutet, kann keine Rede sein. Außerdem fragt Adler: „Entscheidet die Größe einer Gruppe darüber, wie valide deren Anliegen sind?“ Adler weiter: „Und über unser Ehrenmitglied, Frau Dr. Knobloch, behauptet Herr Ude: ‚Sie kann sich dem nicht entziehen, wenn sie ihre Gemeinschaft zusammenhalten will.‘  Meint Herr Ude damit, dass die ‚Gemeinschaft‘ von Frau Dr. Knobloch für kontroverse Positionen nicht stabil genug wäre? Seine Aussage wirkt so, als würde er Frau Dr. Knobloch ihre eigene Meinung und Überzeugung absprechen. Schon bei Erscheinen der Karikatur in 2018 sagte sie nämlich, sie sei ‚zutiefst entsetzt und auch verletzt‘, so wie sie dächten und fühlten ‚die meisten Juden in Deutschland‘. Also das genaue Gegenteil von einem kleinen Kreis, den sie vermeintlich zusammenhalten müsse.“

Auf die von Herrn Ude gezogene Analogie zwischen Netanjahu und Erdogan (‚der Karikaturist kann sich auch nicht jedem Rassismus-Vorwurf beugen, wenn er Erdogan kritisch zeichnet‘) betont Adler: „Auch ein ehemaliger Bürgermeister sollte sich seiner Verantwortung weiterhin bewusst sein: Antisemitismus ist keine Unterform von Rassismus und der Erdogan-Vergleich hinkt derart, dass er schlichtweg nicht taugt.“