Haftantrag gegen israelische Regierungsmitglieder

23.05.2024

Der Antrag auf Ausstellung eines Haftbefehls gegen Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant ist, um es mit den Worten Joe Bidens zu sagen, empörend. Das Herauspicken Israels und das Anlegen doppelter Standards durch Organisationen der Vereinten Nationen ist hinlänglich bekannt. Offenbar reiht sich nun auch der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in diese antiisraelische Front ein.

Die implizierte Gleichsetzung der Regierungsvertreter eines sich selbst verteidigenden, demokratischen Staates Israel und der Führungsriege der Terrororganisation Hamas offenbart bereits das tendenziöse Koordinatensystem, welches dem Antrag auf Klageerhebung zu Grunde liegt. Dazu ist keinesfalls geklärt, ob der IStGH überhaupt in diesem Fall zuständig ist. Das Vorgehen des Chefanklägers des IStGH deutet auf eine politische Motivation hin, denn der IStGH ist eigentlich als letzte Instanz vorgesehen, wenn nationale Gerichtsbarkeiten versagen. Israels robustes und unabhängiges Rechtssystem, von vielen hunderttausenden Israelis im letzten Jahr vehement gegen eine Justizreform verteidigt, gibt keinen Anlass zu einer derartigen Vermutung.

Während im Falle von Russlands Krieg gegen die Ukraine mehr als ein Jahr zwischen Beginn der Ermittlungen und der Anklage gegen Wladimir Putin verstrichen ist und es hier um Einzelaspekte der Kriegsführung, nicht den Krieg an sich ging, will man gegenüber den israelischen Regierungsvertretern den weitaus schwerwiegenderen Vorwurf von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ erheben – und das offenbar, so schnell es geht. Dies geschieht, während sich Israel nach dem beispiellosen Massaker der Hamas vom 7.10.2023 nach wie vor verteidigen muss und versucht, die bis dato festgehaltenen Geiseln wieder nach Hause zu bringen.

Nicht zuletzt bemüht sich Israel darum, zivile Opfer so gering wie möglich zu halten­ – das bleibt in der Anklageschrift völlig außen vor. Das Beratergremium, das zum Antrag auf einen Haftbefehl geraten hat, war in dieser Hinsicht völlig einseitig besetzt. So gab es keine Militärexperten, die das israelische Vorgehen im Gazastreifen in ein professionelleres Licht gerückt hätten. Die Verteidigungsmaßnahmen dort sind zwar kompliziert umzusetzen, aber grundsätzlich gerechtfertigt.

Was bleibt ist ein Antrag, der legitime Vertreter eines demokratischen Staates, der sich selbst verteidigt, behandelt, wie die Führung eines Verbrecherregimes. Ähnlich wie im Fall der Anschuldigungen vor dem Internationalen Gerichtshof sind die unverhältnismäßigen Vorwürfe dazu geeignet, den Antisemitismus weltweit und in Deutschland weiter anzustacheln. Die Erfahrung zeigt, dass Juden regelmäßig für angebliche Verfehlungen Israels verantwortlich gemacht werden. Egal, wie das Verfahren nach Prüfung des Antrags weitergeht, für Antisemiten und Israelfeinde dürfte es ein weiterer Beleg sein, dass Israel ein Verbrecherstaat sei – der angerichtete Schaden ist unabsehbar. Deutsche Regierungsvertreter, die sich offiziell zum Kampf gegen Antisemitismus bekennen, dürfen, vor allem auch im Interesse der Sicherheit von Jüdinnen und Juden hierzulande, einer solchen Vorverurteilung keinen Vorschub leisten!