WerteInitiative formuliert Handlungsempfehlungen für eine jüdische Zukunft in Deutschland
Eine jüdische Zukunft in Deutschland zu sichern, erfordert politische Handlungen.
Dieses Jahr feiern wir ein Jubiläum: Seit mehr als 1700 Jahren leben Juden in Deutschland. Doch trotz dieser langen Geschichte fühlt sich die Zukunft für jüdische Menschen nicht gesichert an.
Gerade in den letzten beiden Jahren ist dies besonders deutlich geworden: Der Anschlag von Halle, der massiv sichtbare Anteil antisemitischer Verschwörungsmythen im Rahmen der Corona-Proteste und zuletzt die hasserfüllten Demonstrationen während der Angriffe der Hamas auf Israel haben uns gezeigt: Eine jüdische Zukunft in Deutschland ist in Gefahr. Antisemitismus von rechts, links und von Teilen der muslimischen Community treffen sich mit antisemitischen Bildern aus der Mitte der Gesellschaft.
Daher haben wir mit Unterstützung von rund einem Dutzend Organisationen Handlungsempfehlungen für die Politik aufgestellt. Es ist 10 nach 12. Bitte handeln Sie!
1. Jüdisches Leben und damit auch die jüdische Religionspraxis hat eine große Bandbreite. Dafür müssen die Grundbedingungen gesichert bleiben.
2. Ein konkreter, umfassender und funktionierender, rechtsstaatlicher Schutzschild gegen Antisemitismus ist dringend notwendig: Innenpolitisch, juristisch und bildungspolitisch. Eine Vielzahl von Organisationen steht dafür als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.
3. Antisemitische Organisationen sollten in Deutschland konsequent verboten und deren Strukturen ausgetrocknet werden, egal aus welcher politischen Richtung sie kommen. Terrororganisationen wie die PFLP und die Hamas dürfen in Deutschland keinen Rückzugsraum sehen. Setzen Sie erlassene Verbote, wie das der Hisbollah, auch konsequent um. Schließen Sie die zutiefst antisemitischen Parteien („Die Rechte“ und „Der III. Weg“) von der Parteienfinanzierung aus und prüfen Sie Parteiverbote.
4. Die islamistische Einflussnahme der türkischen Regierung und des iranischen Regimes in Deutschland, die sie über von ihnen beeinflusste Verbände ausüben, muss dringend eingeschränkt werden. DITIB, Millî Görüş, IZH, IGS, ATIB, DMG und andere Akteure des Politischen Islam dürfen keine Kooperationspartner der deutschen Politik sein.
5. Bedingungslose Hilfszahlungen an die UNRWA sollten beendet werden. Die Gelder werden unter anderem für die Verbreitung antisemitischer Indoktrination in Schulen und Lehrmaterialien missbraucht. Daher ist es wichtig, Hilfszahlungen an eine eindeutige Veränderung des Lehrplans zu koppeln. Deutschland sollte eine Integration der UNRWA in die UNHCR unterstützen.
6. Iranischen Judenhass spüren Jüdinnen und Juden bis nach Deutschland. Begegnen Sie dem antisemitischen Mullah-Regime im Iran mit voller Härte statt mit diplomatischer Eleganz und wirtschaftlich ausgestreckter Hand. Eine atomare Bewaffnung des Regimes gilt es mit allen Mitteln zu verhindern! Stärken Sie die iranische Opposition und Zivilgesellschaft.
7. Abstimmungen gegen Israel in der UNO und in ihren Gremien, die routinemäßig von antiisraelischen und zumeist demokratiefeindlichen Staaten gefordert werden, sollten von Deutschland nicht mehr mitgetragen werden.
8. Fördern Sie bei Menschen, die bei uns Schutz suchen oder bei uns leben wollen eine Integration, die den Kampf gegen Antisemitismus als wesentliche Säule behandelt.
9. Betrachten Sie Online-Hass als ebenso gefährlich wie Offline-Straftaten. Steigern Sie diesbezüglich die Effizienz der Strafverfolgung.
10. Jüdische Einrichtungen brauchen konsequenten Schutz. Der Staat sollte dafür die vollständigen Kosten übernehmen.
11. Jüdische Zuwanderer werden gegenüber Spätaussiedlern im Renten- und Staatsangehörigkeitsgesetz benachteiligt. Dieser Zustand sollte dringend korrigiert werden. Es braucht dazu eine zeitnahe Umsetzung der Härtefallregelung zur Abmilderung der Altersarmut jüdischer Zuwanderer. Es gilt der Lebensleistung der Zuwanderergeneration und der historischen Verantwortung für die Wiederherstellung jüdischen Lebens in Deutschland gerecht zu werden.
12. Demokratiefeindliche Einstellungen in Sicherheitsbehörden sind eine besondere Gefährdung für die Demokratie. Unseren Rechtsstaat kann nur verteidigen, wer mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Nehmen Sie diese Bedrohung ernst und handeln Sie!
13. Antizionismus und Antisemitismus gehen sehr häufig miteinander einher. Nehmen Sie Israel-bezogenen Antisemitismus ernst und orientieren Sie sich dabei an der IHRA-Arbeitsdefinition zu Antisemitismus. Setzen Sie sich für die konsequente Übernahme und Anwendung der IHRA-Definition auf der Ebene staatlicher wie auch nichtstaatlicher Stellen, Organisationen, Verbände, Vereine und Gesellschaften ein.
14. Bis heute ist die Erfassung antisemitischer Straftaten ungenau. Ein tragfähiges Konzept für die genauere Erfassung ist dringend notwendig. Achten Sie dabei auf die Aussagen von Betroffenen.
15. Der Kampf für unsere Demokratie ist eine Investition in die Zukunft. Statten Sie Bildungsarbeit, die auch die modernen Formen der Judenfeindschaft in den Blick nimmt, mit genügend finanziellen Mitteln aus. Verabschieden Sie ein Demokratiefördergesetz, das die Bildung gegen Rassismus und Antisemitismus dauerhaft fördert.
16. Die Werte unseres Grundgesetzes werden oftmals zu wenig oder zu abstrakt kommuniziert. Machen Sie die Werte des Grundgesetzes sichtbar, erlebbar und fühlbar und ermöglichen Sie der gesellschaftlichen Mitte ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.
17. Stellen Sie sich beständig an die Seite von Jüdinnen und Juden als integraler Teil der Gesellschaft.
Die WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen e.V. dankt nachfolgenden Organisationen für ihre inhaltliche Mitarbeit und/oder Unterstützung der Forderungen:
• Amadeu-Antonio-Stiftung
• Christen an der Seite Israels e.V.
• DEIN Verein für Demokratie und Information e.V.
• Deutsch-Israelische-Gesellschaft e.V. (DIG)
• Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V.
• Europäische Janusz Korczak Akademie e.V. (EJKA)
• European Union of Jewish Students (EUJS)
• Initiative 27. Januar e.V.
• Jehi ʼOr« Jüdisches Bildungswerk für Demokratie – gegen Antisemitismus gUG (JBDA)
• Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) e.V.
• Jüdische Studierenden Union Deutschland (JSUD)
• MAKKABI Deutschland e.V.
• Mideast Freedom Forum Berlin e.V. (MFFB)
• Scholars for Peace in the Middle East Germany e.V. (SPME)
• Studentim – Jüdische Studierendeninitiative Berlin e.V
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