Aktivitäten Meinungen

Ein jüdischer Blick auf den Tag der Deutschen Einheit

Nach der Shoa war es nicht selbstverständlich, dass Juden, die vor dem Nazi-Regime geflohen waren, nach Deutschland zurückkehrten. Ihre Beweggründe waren unterschiedlich, auch insbesondere vor der Fragestellung, ob sie nach Ost- oder Westdeutschland zurückkehrten. Nicht unbedeutend war für Juden, die sich für ein Leben in  der „Sowjetische Besatzungszone“ (SBZ) entschieden hatten, Teil des neuen „antifaschistischen Staates“ zu werden. Nach Kriegsende wurden in der SBZ-Antisemitismus und andere Diskriminierungsformen mit dem westlichen „kapitalistischen Profit- und Welteroberungsbestreben“ verbunden. Im Selbstverständnis der DDR lagen die Wurzeln des neuen, sozialistischen Staates im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Damit würde eine Nachfolge der deutschen Tätergesellschaft ausgeschlossen sein. Die Aufarbeitung der NS-Zeit wurde beim Aufbau des „antifaschistischen Staats“ auf eine Form der Repräsentation des Widerstands degradiert. Juden wurden zudem als Hauptopfergruppe der Nationalsozialisten infrage gestellt. Eine Aufarbeitung der eigenen Täterschaft fand nur oberflächlich oder gar nicht statt. Gleichwohl ging von der DDR-Führung ein grassierender Antisemitismus aus. Unter anderem zeigte sich das auch durch die enge Kooperation zwischen der DDR und damals ausschließlich auf die Vernichtung Israels ausgerichteter, palästinensischer Terrorgruppen.

Die Vision der zurückgekehrten Juden, einen antifaschistischen Staat mit aufzubauen, stellte sich für Viele als große Enttäuschung, wenn nicht gar gefährlich heraus. Der Mangel an Aufarbeitung der NS-Geschichte in Verbindung mit (linken) antisemitischen Verschwörungsmythen, ist bis heute spürbar.

Der Weg zur Deutschen Einheit war für viele Juden ein hoffnungsvolles Kapitel. Mit der Wiedervereinigung öffneten sich insbesondere für Juden aus der ehemaligen DDR neue Möglichkeiten, sich mit der Welt zu verbinden und die jüdische Identität zu leben.

Im wiedervereinigten Deutschland gilt der Konsens, eine diskriminierungsfreie und hassfreie Gesellschaft zu leben, zu schützen und zu wahren. Es ist daher ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, sich auch für die Sicherung jüdischen Lebens in Deutschland stark zu machen.

Aktivitäten

PM: Staatsanwaltschaft Hannover hat Verfahren gegen antisemitischen Arzt wieder eröffnet

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat das Verfahren gegen den antisemitischen Arzt Dr. Eikemeier wieder eröffnet.

Berlin 19.09.2023 – Die Staatsanwaltschaft Hannover hat nach unserer Beschwerde die Einstellung des Verfahrens gegen den vorbestraften, antisemitischen Arzt Dr. Eikemeier überprüft und das Verfahren nun wieder eröffnet. Dies teilte uns der Oberstaatsanwalt mit.

Der Vorsitzende der WerteInitiative, Elio Adler, erklärt hierzu folgendes: „Antisemiten und Volksverhetzer dürfen nicht ungestraft davonkommen. Besonders perfide ist es, dass sich der Beschuldigte als Satiriker herauszureden versucht und auf seine jüdischen Patienten verweist.“

Eikemeier hatte auf seiner Website haarsträubenden Judenhass verbreitet und wurde daraufhin mehrfach von Mitgliedern des jüdisch-deutschen Vereins WerteInitiative angezeigt.

Aktivitäten

Treffen mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner

Diese Woche traf unser Vorsitzender Elio Adler den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner.

Herr Wegner ist schon seit vielen Jahren eng mit dem jüdischen Leben der Stadt verbunden. Er ist mit den unterschiedlichen Gemeinden und Organisationen in gutem Austausch und hat somit einen guten Überblick über die verschiedenen Bereiche der jüdischen Community in der Hauptstadt. So drehte sich der Austausch zwischen ihm und unserem Vorsitzenden, Elio Adler, sowohl um tagespolitische Themen als auch um die große Frage, wie die gesellschaftliche und politische Mitte und damit die Demokratie stabilisiert werden kann.

Eine mögliche Gelegenheit dafür ist das Jubiläum unseres Grundgesetzes am 23. Mai, welches Anlass und Gelegenheit für eine Vielzahl diesbezüglicher Aktivitäten sein könnte.

Grade wir als Juden können nur in einer Gesellschaft leben, die die Werte einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft aktiv lebt. Mit Kai Wegner haben wir für dieses Bedürfnis einen starken Partner.

Wir bedanken uns für das Gespräch und sehen der Zusammenarbeit positiv entgegen!

Aktivitäten

Pressemitteilung: Jüdischer Verein fordert Hubert Aiwanger zu ernsthafter Auseinandersetzung mit Antisemitismus-Vorwürfen auf.

26.08.2023 Pressemitteilung

Jüdischer Verein fordert Hubert Aiwanger zu ernsthafter Auseinandersetzung mit Antisemitismusvorwürfen auf.

Der bayerische Vizeministerpräsident mauert, anstatt sich den Vorwürfen, in der Jugend ein zutiefst antisemitisches Pamphlet veröffentlicht zu haben, dezidiert zu stellen.

Berlin, 26.08.2023 – Nach dem von der Süddeutschen Zeitung aufgeworfenen Verdacht, Hubertus Aiwanger sei im Alter von 17 Jahren verantwortlicher Urheber der Veröffentlichung eines antisemitischen Hetz-Pamphlets gewesen, ist nun dringend eine umfassende Aufklärung erforderlich.

Elio Adler, der Vorsitzende des jüdischen Vereins WerteInitiative, erklärt dazu: „Bei einer Tat, die möglicherweise vor etwa 35 Jahren erfolgte, ist der Umgang mit der Tat beinahe wichtiger als die Tat selbst. Es ist derzeit nicht erkennbar, dass der wiederholt am rechts-populistischen Rand agierende Aiwanger die Vorwürfe ernst nimmt. So ein Verhalten ist nicht nur von einem Spitzenpolitiker, sondern von jedem anständigen Bürger inakzeptabel.“

Trotz der zeitlichen Nähe zur Bayernwahl macht es sich Herr Aiwanger zu einfach, nur von einer „Schmutzkampagne“ gegen ihn zu sprechen. Sollte er eine relevante Rolle bei der Erstellung des Pamphlets gespielt haben, wäre er – erst recht nach seinem derzeitigen Umgang mit den Vorwürfen – untragbar. War er daran nicht beteiligt, erklärt sich sein Verhalten noch weniger. Auch Ministerpräsident Söder ist in der Pflicht, sich nun zeitnah öffentlich zur Causa zu äußern.

Ansprechpartner für Rückfragen: Elio Adler / Vorsitzender des Vereins kontakt@werteinitiative.de  / Tel: 030 / 234 580 20


Über den Verein WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen e.V.: die WerteInitiative hat sich als eine zivilgesellschaftliche jüdische Stimme in Deutschland seit 2014 etabliert. Wir sind angetreten, um die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland zu sichern. Daher setzen wir uns für die Stärkung der Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus jüdischer Perspektive ein. Dies tun wir, indem wir den wertebasierten politischen, gesellschaftlichen und medialen Diskurs, das bürgerschaftlich-jüdische Engagement in Deutschland und das deutsch-israelische Verhältnis fördern. Für weitere Informationen bitten wir, unsere Webseite zu besuchen: https://werteinitiative.de/.

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Treffen mit Otto Fricke, haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Auch in der parlamentarischen Sommerpause ruht unsere Arbeit nicht. Wir haben uns daher über den Austausch mit dem haushaltspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Otto Fricke gefreut.

Im Zentrum unseres Gesprächs stand die Analyse und der präventive Handlungsbedarf, Antisemitismus im Bereich der Kunst- und Kulturförderung zu verhindern. Die Kunstfreiheit darf nicht für staatlich finanzierten Antisemitismus missbraucht werden. Wir waren uns darin einig, dass Antisemitismus im öffentlichen Raum erfahrungsgemäß ein bedeutender Gradmesser für vielfältige gesamtgesellschaftliche Krisen sein kann. Daher gilt es sowohl die staatliche als auch zivilgesellschaftliche Stärkung des freiheitlich-demokratischen Wertefundaments voranzubringen. Im nächsten Jahr steht das Jubiläum zu 75. Jahren Grundgesetz an. Dieser bedeutsame Jahrestag böte sich für diverse Festlichkeiten rund um das Grundgesetz an.

Wir bedanken uns für das angenehme und interessante Gespräch und sehen der Zusammenarbeit positiv entgegen!

Aktivitäten

Pressemitteilung: Judenhass-Arzt aus Hannover muss endlich gestoppt werden! Jüdisch-deutscher Verein stellt erneut Strafanzeige.

11.08.2023 Pressemitteilung

Judenhass-Arzt aus Hannover muss endlich gestoppt werden! Jüdisch-deutscher Verein stellt erneut Strafanzeige.

Berlin – 11.08.2023: Der vorbestrafte Arzt aus Hannover Dr. Klaus Eikemeier ist, trotz Verurteilung wegen Volksverhetzung, weiterhin antisemitisch und volksverhetzend umtriebig.

Wehrhafte Demokratie geht anders!

Seit 2020 gilt Klaus Eikemeier als rechtskräftig verurteilter Antisemit. Er hat eine hausärztlich-homöopathische Praxis, in der er sein antisemitisches Buch „Die neue Philosophie im 3. Jahrtausend“ verkauft hat und betreibt eine Webseite, auf welcher er antisemitische Verschwörungstheorien und Hass verbreitet. Bereits 2019 hatten Veröffentlichungen unserer Recherchen und Strafanzeigen seitens einiger unserer Mitglieder zu seiner Verurteilung wegen Volksverhetzung durch das Amtsgericht Burgwedel mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen geführt.

Im Januar 2023 haben wir erneut Strafanzeige gestellt, die bislang anscheinend folgenlos blieb: Er veröffentlichte weiterhin – offensichtlich ungehindert – neue antisemitische Texte auf seiner Webseite.

Auch seine neuste Online-Veröffentlichung strotzt – genauso wie seine vergangenen Hetzschriften – vor krudem Antisemitismus, Verschwörungswahn und Beleidigungen. Das hat uns zu einer erneuten Anzeige u.a. wegen Volksverhetzung veranlasst.

Dazu erklärt der Vorsitzende des deutsch-jüdischen Vereins WerteInitiative e.V. Elio Adler:

„Wir fragen uns weshalb bei solch einem offensichtlichen Fall dieser vorbestrafte Judenhass-Arzt bis heute seinen verabscheuungswürdigen Antisemitismus und Hetze verbreiten kann. Außerdem sind solche Einstellungen nicht mit dem Berufsethos eines Arztes vereinbar – dass die Ärztekammer Niedersachsen das im Ergebnis anders sieht, verurteilen wir entschieden.“

Schon in der Vergangenheit hat Eikemeier neben vielen antisemitischen Karikaturen auch Texte veröffentlicht, in denen er von “schmarotzenden jüdischen und zionistischen Ratten“ schrieb. In seinem jüngsten Hetztext „das Judentum als Vernichtungsreligion“ verharmlost er die Verbrechen des Nationalsozialismus, macht wahnhaft ausgedachte „amerikanisch-jüdische“ Institutionen für politische Krisen verantwortlich und unterstellt eine Weltverschwörung. Er schreibt so, als hätte er vom führenden Propagandastab der Nationalsozialisten im Dritten Reich gelernt.

Wir fordern nun schnelle strafrechtliche Konsequenzen. Seine antisemitische Agitation muss gestoppt und seine Hass-Webseite offline genommen werden. Der Entzug seiner ärztlichen Approbation und der Ausschluss aus der Ärztekammer sind überfällig.

Ansprechpartnerin für Rückfragen: Anna Staroselski / kontakt@werteinitiative.de

Aktivitäten

Jüdisch-deutscher Verein WerteInitiative unterstützt den Protest der „Iranians of Berlin“

15.07.2023 Rede unseres Vorsitzenden

14.07.2023 Pressemitteilung

– Pressemitteilung –

Jüdisch-deutscher Verein WerteInitiative unterstützt den Protest der „Iranians of Berlin“ am Samstag 15.07, um 14:00 Uhr vor dem Brandenburger Tor

Berlin, 14.07.2023 – Der kürzlich veröffentlichte Verfassungsschutzbericht hat die potenzielle Bedrohung von jüdischem Leben in Deutschland klar thematisiert. Das ist uns nicht neu. Die „Islamische Republik Iran“ foltert, mordet und terrorisiert seit über 40 Jahren, begeht tagtäglich Menschenrechtsverbrechen und finanziert den Terrorismus weltweit. Aufgrund ihrer antisemitischen und menschenverachtenden Staatsdoktrin sind auch im Ausland lebende Oppositionelle, Jüdinnen und Juden, Israelis und ihre Einrichtungen der Bedrohung durch das islamistische Mullah-Regime ausgesetzt.

Die WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen e.V. unterstützt daher das Anliegen der Organisation „Iranians of Berlin“ und solidarisiert sich mit der Demokratiebewegung im Iran.

Der Vorsitzende der WerteInitiative, Elio Adler:

„Die Islamische Republik Iran stellt eine zunehmende Bedrohung auch für die nationale Sicherheit in Deutschland dar. Jüdinnen und Juden und (Deutsch-)Iranerinnen und -Iraner sind von den Schergen des Iran akut bedroht und teilen die Hoffnung auf einen freien Iran. Wir müssen an einem Strang ziehen, damit das Regime endlich isoliert und es zu einem Regime-Wechsel kommen kann.“

Vor allem die „Revolutionsgarden“, die paramilitärische Einheit des Regimes, sind an der brutalen Unterdrückung der Proteste im Iran beteiligt. Sie agieren in vielen Ländern und laut den Berichten des Verfassungsschutzes der letzten Jahre auch hier in Deutschland. Die Revolutionsgarden sind in den USA und in Kanada auf der Terrorliste und müssen auch auf EU-Ebene sanktioniert werden.

Ansprechpartnerin für Rückfragen: Anna Staroselski / kontakt@werteinitiative.de

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Bundeskunsthalle reagiert auf unsere Kritik!

Die Bundeskunsthalle in Bonn stellt im Rahmen ihrer Ausstellung “Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland.” das Werk der Künstlerin Daniela Ortiz „The ABC of Racist Europe“ aus, welches israelbezogenen Antisemitismus und Terrorismusverherrlichung beinhaltet.

Wir haben der Intendanz der Bundeskunsthalle geschrieben und unsere Kritik an der Ausstellung dieses Exponats an einem für die Bundesrepublik sehr repräsentativen Ort verdeutlicht.
Mit positivem Ergebnis: Die Bundeskunsthalle hat in ihrem zweiten Antwortschreiben an uns angekündigt das Werk mit angebrachten Hinweistafeln zu kontextualisieren.

Nachfolgend sind die zwei Schreiben unseres Vorsitzenden, in welchen wir unsere Kritik zum Werk von Daniela Ortiz formulierten und die zweite Antwort von der Intendanz der Bundeskunsthalle in Bonn.

Wir freuen uns, dass unsere Kritik ernst genommen wurde!

14. Juni 2023 14. Juni 2023 Schreiben unseres Vorstandsvorsitzenden an die Intendanz der Bundeskunsthalle:

Sehr geehrte Frau Dr. Kraus,

wir wenden uns heute mit diesem Schreiben bezüglich Ihrer Ausstellung „Wer wir sind“ an Sie. Eines der Ausstellungsstücke wirft bei uns Fragen auf, die wir Sie höflichst bitten, uns zu beantworten.

Die documenta fifteen, samt ihren zum Teil antisemitischen Kunstwerken ist noch nicht einmal ein Jahr vergangen und schon sind wir mit einer weiteren für Deutschland bedeutsamen Kunstausstellung konfrontiert, deren Exponate antisemitischen Terrorismus verherrlichen. In der Ausstellung “Wer wir sind” wird unter anderem das Kunstwerk der Künstlerin Daniela Ortiz „ABC of racist Europe“ auf Wandtafeln abgebildet. Auf einem Bild dieses Exponats wird die Befreiung des verurteilten Terroristen Ahmat Sa’adat, dem Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) gefordert. Die PFLP ist eine Terrororganisation, die auch auf der EU-Terrorliste steht – das öffentliche Zeigen ihrer Symbole ist verboten. Das Exponat verherrlicht also Terrorismus.
Auf einem anderen Bild wird für ein Buch von der Autorin Houria Bouteldja mit dem Titel „Les Blancs, les Juifs et Nous“ (dt.: „Die Weißen, die Juden und Wir“) als „Wissen im Kampf“ gegen „Kolonialisten“ geworben. Bouteldja nahm – vermutlich handelt es sich um den „Marche des Indigènes“ 2008 – an einer Demonstration teil, bei der auch Schilder mit Bildern des Hamas-Gründers Ahmad Yasin zu sehen waren. Dazu befragt, antwortete sie, dass Yasin ein “Antikolonialist“ sei, „der gegen den israelischen Kolonialismus gekämpft hat“ und “alle Antikolonialisten ‘bei uns’ willkommen” seien. Darüber hinaus wird ihr Antisemitismus, Homophobie und Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen. Bouteldja wurde passend dazu von der in London ansässigen Organisation mit dem irreführenden Namen „Islamic Human Rights Commission“ für ihre Ideen 2014 mit einem Preis gewürdigt. Ihr erwähntes Buch wird öfter von dieser Organisation beworben und in deren hauseigener Buchhandlung zum Verkauf angeboten. Die sogenannte „Islamic Human Rights Commission“ ist bekannt als Ableger des menschenverachtenden, antisemitischen Regimes in Iran.

Die Ausstellung in der Bundeskunsthalle soll Fragen über gesellschaftliche Teilhabe in der deutschen Einwanderungsgesellschaft behandeln. Vor diesem Gesamtkontext führt die Verwendung des Exponats von Ortiz mit seinem terrorismusverherrlichenden Inhalt innerhalb dieser Erzählung zu einem Ausschluss von Jüdinnen und Juden aus diesem kollektiven „Wir“  und markiert uns als „kolonialistische Feinde“.

Die Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland ist eines der bundesweit besucherreichsten Museen. Will eine Ausstellung mit solch einer repräsentativen Bedeutung für die Bundesrepublik wirklich solche Botschaften transportieren? Waren und sind Sie sich der ausgestellten Inhalte bewusst? Wie bewerten Sie das Ausstellen von PFLP-Verherrlichung? Werden diese Ausstellungsstücke kontextualisiert und in ihrer verbildlichten Symbolik für das Publikum aufklärend erläutert? Wenn ja, wie?

22. Juni 2023 Antwortschreiben unseres Vorstandsvorsitzenden an die Intendanz der Bundeskunsthalle

Sehr geehrte Frau Dr. Kraus,

haben Sie vielen Dank für Ihr Antwortschreiben und die Übersendung Ihrer Medienerklärung vom 16. Juni 2023.

In beiden Schreiben versichern Sie, dass das Thema Antisemitismus eine Schlüsselrolle in der Ausstellung „Wer wir sind“ habe. Wir fragen uns, warum diese grundlegende Motivation in den offiziellen Beschreibungstexten zur Ausstellung auf Ihrer Webseite keine Erwähnung findet?

Sie führen weiter aus: „Dies ist vor dem Hintergrund Ihrer Kritik zu betonen, denn diese Tatsache sparen Sie in Ihren bereits veröffentlichten Vorwürfen aus.“ Wir möchten hiermit klarstellen, dass wir bis dato weder „Vorwürfe“ noch unser Schreiben an Sie veröffentlicht haben. Im Gegenteil: Wir wollten Ihnen zuerst die Gelegenheit geben, sich zu den aus unserer Perspektive resultierenden Fragen bezüglich des Werks von Daniela Ortiz zu äußern. Dass wir Ihnen unter Vorbehalt der Veröffentlichung unser Schreiben übermittelt haben, entspricht üblicher Praxis und gilt auch für diese Korrespondenz. Wir weisen daher diese von Ihnen aufgestellte Behauptung als haltlos zurück.
Bedauerlicherweise blieben im Hinblick auf die erwähnten Fragen aus unserem Schreiben folgende Aspekte unbeantwortet, weshalb wir sie hiermit wiederholen möchten: Wie bewerten Sie das Ausstellen von PFLP-Verherrlichung? Vor diesem Hintergrund: Will eine Ausstellung mit solch einer repräsentativen Bedeutung für die Bundesrepublik wirklich diese Botschaft transportieren?

Wir halten es auch für kein valides Argument, darauf hinzuweisen, dass bislang keine „kritischen Beanstandungen“ zu vernehmen waren, obwohl das genannte Werk „in verschiedenen öffentlichen Institutionen in Deutschland und ganz Europa gezeigt“ wurde. Aufgrund des Fehlens eines (medialen) kritischen Echos auf den objektiv nachvollziehbaren Sinngehalt eines Werks zu schließen ist eine unzulässige Vereinfachung.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass Sie das Werk von Daniela Ortiz bewerten möchten. Hierfür empfehlen wir Ihnen eine in ihrem Forschungsfeld hervorstechende wissenschaftliche Gutachterin: Dr. Julia Bernstein ist Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences und war gerade aufgrund ihrer Expertise Teil des Expertengremiums, die das Gutachten zu beanstandeten Werken der documenta fifteen erstellt haben. Vor diesem Hintergrund möchten wir auch unsere im ersten Schreiben gestellte Frage aktualisieren: Werden die genannten Ausstellungsstücke kontextualisiert und in ihrer verbildlichten Symbolik für das Publikum aufklärend erläutert? Wenn ja, wie?

06. Juli 2023, Zweites Antwortschreiben der Bundeskunsthalle, in der die Kontextualisierung des Exponats von Daniela Ortiz durch angebrachte Hinweistafeln angekündigt wird:

Sehr geehrter Herr Adler,

haben Sie vielen Dank für Ihr Antwortschreiben vom 22. Juni. Wie angekündigt haben wir uns mit Ihrer Kritik  eingehend beschäftigt und möchten uns erneut für Ihre Hinweise bedanken. Gemeinsam mit zwei Expert*innen haben wir das betreffende Werk vor diesem Hintergrund eingehend begutachtet und sind zu der Einschätzung gekommen, dass es einer kritischen Kommentierung bedarf. Diese haben wir nun verfasst und werden sie sowohl in der Ausstellung als auch als Pressemeldung veröffentlichen.

Zu Ihrer Information finden Sie den Wortlaut des Kommentars unten stehend:

Hinweis

Das Werk The ABC of Racist Europe von Daniela Ortiz hat für öffentliche Kritik gesorgt. Es geht um die Bedenken, dass sich in diesem Werk Darstellungen finden, die israelbezogenem Antisemitismus Vorschub leisten. Wir möchten das Werk daher vor diesem Hintergrund kritisch kommentieren.

Bildtafel G .

Die Bildtafel G suggeriert, dass der Staat Israel gemeinsam mit der britischen Sicherheitsfirma G4S Gefängnisse betreibe, in denen palästinensische Gefangene gefoltert werden. Nach jetzigem Stand hat G4S seine Dienstleistungen für israelische Gefängnisse 2016 beendet. Die Firma hat die Gefängnisse jedoch nicht betrieben. Kern der Dienstleistung war die Lieferung und Wartung von Sicherheitssystemen. Seit 2016 gibt es diese Dienstleistung nicht mehr. Die Vorwürfe einer Beteiligung an Folter konnten nicht erhärtet werden.

Bildtafel I

Auf der Bildtafel I] taucht eine gezeichnete Figur namens „Handala“ auf, Diese Figur des Zeichners Nadschi al-Ali (1938—1987) ist prägnanter Teil des Logos der propalästinensischen Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) und Symbol des palästinensischen Widerstands gegen die israelische Militärbesatzung. Sie soll einen zehnjährigen palästinensischen Flüchtlingsjungen symbolisieren, der — wie der Zeichner—1948 seine Heimat verlassen musste. Die Handala-Figur ist ein typisches Bildelement, das die Unterstützung palästinensischer Anliegen und der BDS-Bewegung symbolisiert.

Bildtafel R

In dieser Darstellung ist eine Karte von Israel, Westbank und Gaza als palästinensisches Gesamtterritorium abgebildet, in der die international anerkannten Grenzen von 1967 nicht existieren. Im Kontext des gesamten Werkes lässt sich darauf schließen, dass hier die Forderung nach einem palästinensischen Staat vom Jordan-Fluss bis zum Mittelmeer dargestellt wird. In diesem Fall handelt es sich um ein klassisches Motiv im israelbezogene Antisemitismus: Die Delegitimierung bzw. das Propagieren einer Auslöschung des Staates Israel, Auf derselben Bildtafel findet sich ein Foto von Ahmad Sa’adat, dem Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), mit einem Aufruf zu seiner Freilassung aus dem israelischen Gefängnis. Die PFLP steht auf der EU-Terroristenliste und war in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren maßgeblich an Flugzeugentführungen beteiligt, u.a. um Gefangene freizupressen. 2001 bekannte sich die PFLP zur Ermordung des israelischen Tourismusministers Rechawam Seewi. Ahmad Sa’adat wurde daraufhin festgenommen und als Drahtzieher zu 30 Jahren Haft verurteilt.

Bildtafel W

Auf der Bildtafel für den Buchstaben W ist ein liegender, lesender Mensch dargestellt sowie eine Reihe von Büchern, darunter auch das Buch der franco-algerischen Aktivistin Houdia Bouteldji Les Blancs, les Juifs et nous (Die Weißen, die Juden und wir), das nicht zuletzt wegen der darin gemachten Äußerungen zu Israel hoch umstritten ist, Die Aktivistin selbst ist immer wieder durch ihre antiisraelischen und antisemitischen Äußerungen aufgefallen.

Die Bundeskunsthalle und das Ausstellungsteam distanzieren sich von dieser und jeglicher anderen Form der Verherrlichung oder Bagatellisierung von Gewalt und von Antisemitismus.

Wir bedanken uns erneut für Ihren Anstoß und senden freundliche Grüße,

Aktivitäten

Ausschreibung: Young Leadership Seminar – “Politisches Berlin” 2023

LEADERSHIP-PROGRAMM FÜR EINE JÜDISCH-DEUTSCHE ZUKUNFT / 12.-14. NOVEMBER 2023

Die WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen (WI) veranstaltet eine Bildungsreise in die Bundeshauptstadt für junge Erwachsene, die sich nachhaltig für politische Demokratiebildung aus jüdisch-deutscher Perspektive interessieren und engagieren. Das mehrtägige Leadership-Nachwuchsprogramm bietet einen direkten Einblick ins politische Berlin. Die Teilnehmenden erhalten die Möglichkeit, das abstrakte Bild der „PolitikerInnen“ und deren Arbeit mit konkretem Inhalt zu füllen. In Treffen mit Mitgliedern des Bundestags aus mehreren Fraktionen, ehemaligen Bundestagsabgeordneten, jüdischen PolitikerInnen und mit den VertreterInnen der politischen Stiftungen können die Teilnehmenden aus erster Hand Input über wichtige Fertigkeiten, Erkenntnisse und Erfahrungen für die politische Arbeit erhalten. Ziel ist es, die Teilnehmenden zu einem nachhaltigen, politischen Engagement in demokratischen Parteien zu motivieren sowie untereinander ein Netzwerk für Austausch und potenzielle Zusammenarbeit zu bilden.

Bewerbungsschluss: 15.10.2023.

In Kooperation mit:

Warum?

Jüdische Bürgerinnen und Bürger Deutschlands sind in der Politik stark unterrepräsentiert. Unser Young Leadership Seminar zielt, in Kooperation mit dem Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES) und der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD), auf eine stärkere Partizipation jüdischer – sowie jüdisch-deutschen Themen naher – Personen in den demokratischen Parteien und der Politik ab.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Young Leadership Seminars sollen die Möglichkeit haben, BundespolitikerInnen kennenzulernen, sie nach ihren politischen Lebenswegen zu befragen und zu verstehen, wie man sich im „Dickicht“ zwischen Wahlkreisgruppe und Landesliste, Direktmandaten und Arbeitskreisen zurechtfindet und den eigenen Weg gehen kann. Ferner soll den Teilnehmenden die besondere Kopplung jüdisch-deutscher Themen an die Grundpfeiler einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft verdeutlicht werden. Für die teilnehmenden PolitikerInnen der Bundestagsfraktionen ist auch ein Mehrwert vorstellbar: Sie erleben und erfahren im direkten Kontakt, was Bürgerinnen und Bürger aus unserer Bevölkerungsgruppe beschäftigt.

Wer?

Die Ausschreibung richtet sich an in Deutschland lebende politisch-interessierte Personen über 18 Jahre. Eine Kopplung an jüdische Partizipation und Engagement oder die nachhaltige Beschäftigung mit jüdisch-deutschen Themen ist Voraussetzung für die Teilnahme am Seminar.

Wie?

Sende uns Deinen Lebenslauf und ein aussagekräftiges Motivationsschreiben (max. 2 Seiten) an:

politisches.forum@werteinitiative.de.

Stelle darin bitte auch Deinen Bezug zu den obigen Inhalten (unter „Wer?“) dar. Da die Teilnehmendenzahl begrenzt ist, bitten wir um eine zeitnahe Anmeldung. Der Einsendeschluss der Bewerbung ist der 15.10.2023. Rückfragen beantworten wir gerne jederzeit per o.g. E-Mail. Sowohl die Bestätigung der Teilnahme als auch die Absagen werden bis zum 02.11.2023 versandt. Wir freuen uns auf Deine Bewerbung.
Die Teilnahme an der Bildungsreise inkl. Unterbringung und Verpflegung ist kostenlos. Fahrtkosten werden wir gemäß dem Bundesreisekostengesetz erstattet.

Was?

Geplant ist ein abwechslungsreiches und anspruchsvolles 3-Tages-Programm. Durch eine Mischung aus Gesprächsrunden mit Politik-Profis, Besuchen bei Bundestagsfraktionen und Diskussionsrunden erwartet Dich eine spannende Erfahrung. Ferner wird es Zeit für Austausch und Networking untereinander geben. Alle weiteren Details erhältst Du mit der Teilnahmebestätigung.

Aktivitäten Veranstaltungen

Fach-WI-ssen: “Ist das Antisemitismus oder kann man das fördern?”

Antisemitische Narrative im Kunst- und Kulturbetrieb sind keine Ausnahme: Ob in Kassel bei der documenta fifteen, bei der Konferenz „Hijacking Memory“ in Berlin oder auf den Konzerten von Roger Waters: Die sichtbare Judenfeindlichkeit in Kunst und Kultur nimmt zu.

Häufig ist es schwierig bis unmöglich, gegen diese Art der Hassverbreitung rechtlich vorzugehen, da das verfassungsrechtlich hohe Gut der Kunstfreiheit nach vielen juristischen Auslegungen auch die Freiheit beinhaltet, Kunst mit antisemitischen Inhalten zu füllen. Gleichzeitig wird ein signifikanter Teil antisemitischer Kunst von staatlichen Institutionen durch öffentliche Mittel gefördert.

In unserem Fach-WI-ssen zum Thema “Ist das Antisemitismus oder kann man das fördern?” diskutierten wir mit Prof. Dr. Elisa Marie Hoven und Stella Leder darüber, inwiefern es legitim ist, dass Steuergelder antisemitische Agitation finanzieren, wie gegen Judenhass in Kunst und Kultur vorgegangen werden kann und welche rechtlichen und strukturellen Veränderungen notwendig sind, um zukünftig Antisemitismus in Kunst und Kultur zukünftig zu verhindern.

Frau Hoven ist Professorin an der Universität Leipzig in deutschem und ausländischem Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Medienstrafrecht.
Prof. Hoven sprach in ihrem Vortrag aus strafrechtlicher Perspektive über die Grenzen der Kunstfreiheit.

Stella Leder ist Autorin, Dramaturgin und Leiterin des Instituts für Neue Soziale Plastik.

Wenn Kunst regelmäßig Grenzen überschreitet in Richtung Protest, Aktivismus, Politik oder Propaganda bis hin zur Terrorverherrlichung, müssen dann nicht klarer Grenzen gezogen werden – in Förderrichtlinien oder Zuwendungsbescheiden?”

Frau Leder betonte in ihrem Vortrag die strukturelle Ebene des Antisemitismus in weiten Teilen des deutschen Kunst- und Kulturbetriebs und nannte eine Vielzahl an Beispielen dafür. Sie plädierte dafür, dass die Politik sich dieses Problems annehmen muss.

Im Rahmen einer Fragerunde sind Stella Leder und Prof. Elisa Hoven mit ihrer umfassenden Expertise auf die Publikumsfragen eingegangen.

Im Anschluss an die frühmorgendliche, große Gesprächsrunde gab es ein Treffen mit dem Kulturpolitischen Sprecher der Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Erhard Grundl, MdB.

Stella Leder und unsere Sprecherin Anna Staroselski sowie unser Vorstandsreferent Christof Steidl sprachen mit Herrn Grundl und seiner Mitarbeiterin über die Rahmenbedingungen für eine antisemitismuskritische Kulturpolitik und über die Förderung von Pluralismus im Kunst- und Kulturbereich.

Wir bleiben weiterhin an diesem wichtigen Thema dran, und sind weiter im Austausch mit Politikerinnen und Politikern und werden demnächst unser Positionspapier dazu veröffentlichen.